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Über das Millionengeschäft der europäischen Altenpflegeindustrie

„Wenn ich das Wort Industrie im Zusammenhang mit Pflege höre, bekomme ich Schnappatmung“, erklärt Sandra Leurs. Sie ist Bundesthemenbeauftragte für Gesundheit und Pflege der Piratenpartei Deutschland und Spitzenkandidatin aus NRW für die Bundestagswahl am 26.09.2021. „Bereits 1996 stand ich vor dem Landtag NRW, während meiner Ausbildung zur Altenpflegefachkraft in Düsseldorf-Kaiserswerth. Schon damals protestierten wir gegen Fließbandarbeit am Menschen.“

Leider kam es so, wie es in einem rein betriebswirtschaftlich gelenkten Gesundheitswesen kommen musste: Gewinnmaximierung steht nun oftmals vor Menschenwürde. 

„Als ich 2012 in die Piratenpartei eintrat, war ich schon als Aktivistin gegen den Pflegenotstand unterwegs – mit den damals gegründeten Pflegeaktivisten aus München“, erzählt Sandra. „Danach schloss ich mich der Initiative ‚Pflege Am Boden‘ an. [1] In Krefeld habe ich einige Flashmobs organisiert. Seit 2018 bin ich Themenbeauftragte für Gesundheit und Pflege. Natürlich treibt mich der Pflegenotstand immer noch um. 

Nun wurde ich von Investigate [2] auf deren interne Recherche aufmerksam gemacht. Ich wusste natürlich schon länger, dass die Langzeitpflege eine Goldgrube für Investoren ist. Man privatisierte die Langzeitpflege – und das europaweit.“

Um genügend Gewinne zu generieren, spart man in der Altenpflege massiv, nicht nur am Pflegepersonal. Die Ernährung der zu betreuenden und zu pflegenden Menschen lässt in vielen Institutionen zu wünschen übrig. Obendrein ist die Ausstattung mancher Einrichtung für Langzeitpflege mit Wasch- und Bettwäsche sowie mit Pflegehilfsmitteln unterirdisch. Wenn es der Betriebswirt festlegt, gibt es nur einen Satz mit je einem Waschlappen und Handtuch. Pro Woche.

Es wird viel getan, damit die Renditen stimmen: Einrichtungen, die von großen Investoren betrieben werden, nehmen Mängel in Kauf oder schaffen unmenschliche Rahmenbedingungen – gefährliche Lebensumstände fordern sie geradezu heraus! Europaweit agieren Konzerne wie Kursana Residenzen GmbH oder Orpea und Korian [3]. Sie profitieren von öffentlichen Geldern, sind gerdezu abhängig davon [4]. Die Regierungen lassen die Konzerne gewähren. Nach langen Recherchen legt Investigate Europe nun Belege für diesen kapitalisierten Pflegemarkt vor. 

Sandra Leurs fasst zusammen:

„Pflege gestaltet sich in unserem momentanen System für Pflegebedürftige sowie Angehörige schwierig. Gewinnmaximierung im Gesundheitswesen ist menschenunwürdig: Gesundheit ist keine Ware.“

Quellen:

[1]

www.facebook.com/pflege.am.boden.koeln/

www.facebook.com/groups/236251686581441

[2]

www.investigate-europe.eu/en/2021/elder-care-for-profit/

www.investigate-europe.eu/de/2021/millardengeschaeft-altenpflege-konzerne/

[3]

www.investigate-europe.eu/de/2021/groesste-pflegeheimbetreiber-europas/

[4]

www.investigate-europe.eu/de/2021/remi-boyer-korian/

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