Psychische Gesundheit

Verrückt ist auch normal

Das Ziel der politischen Arbeit der PIRATEN ist eine größtmögliche Inklusion aller Menschen. Um dieses Ziel zu erreichen, beziehen wir die psychiatrische und psychotherapeutische Versorgung in unser Programm mit ein. Wir PIRATEN fordern den zielgerichteten und zeitnahen Ausbau der gemeindenahen psychiatrischen Versorgung, eine inklusive Arbeitsmarktpolitik für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen sowie eine deutliche Verbesserung der rechtlichen Situation von Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen.

Mehr psychiatrische Abteilungen an allgemeinen Krankenhäusern

Wir PIRATEN setzen uns dafür ein, den Ausbau von psychiatrischen Abteilungen in allgemeinen Krankenhäusern mit dem Ziel weiter fortzusetzen, dass alle Kreise und kreisfreien Städte im Sinne der gemeindenahen Psychiatrie mit psychiatrischen Abteilungen mit angeschlossenen Tageskliniken und psychiatrischen Institutsambulanzen versorgt werden. Mittelfristiges Ziel ist das System der Fachkrankenhäuser durch ein flächendeckendes System von psychiatrischen Fachabteilungen an Allgemeinkrankenhäusern zu ersetzen (Beispiel Saarland).

Mehr Psychiatrische Institutsambulanzen

Wir PIRATEN unterstützen das Konzept der multiprofessionellen, psychiatrischen Institutsambulanzen als Teil der gemeindenahen psychiatrischen Versorgung und setzen uns für den weiteren flächendeckenden Ausbau in Deutschland ein. Psychiatrische Institutsambulanzen werden an den psychiatrischen Abteilungen in den Allgemeinkrankenhäusern errichtet. Wir sprechen uns dabei für die Ansiedlung von psychiatrischen Abteilungen mit Institutsambulanzen in zentraler, leicht erreichbarer Lage der Kreise und kreisfreien Städte ein, bei flächenweiten Kreisen sollen zusätzliche Außenstellen der psychiatrischen Institutsambulanzen errichtet werden.

Bausteine der komplementären Versorgung

  • Wohnen: Die meisten psychischen Störungen treten erstmalig in der Jugend und im frühen Erwachsenenalter auf. Für diesen Personenkreis haben sich betreute Wohngemeinschaften bewährt. Solche Intensiv ambulante Wohngemeinschaften (IABW) , oft unter Betreuung von Sozialarbeitern, sind bedarfsdeckend einzurichten.
  • Freizeit: Die Freizeit sinnvoll mit anderen zu gestalten, ist für Menschen mit psychischen Störungen ebenfalls nicht so einfach wie für andere. Diverse Clubs, in denen sich alle (auch nicht Betroffene) treffen können, Patientencafés inmitten der Städte etc. sind daher unverzichtbare Bausteine einer komplementären sozialpsychiatrischen Versorgung.
  • Tagesstätten: Im Gegensatz zu Tageskliniken findet in Tagesstätten keine medizinische Versorgung statt, sondern Therapeuten aller Ausbildungstypen (z. B. Ergo-, Kunst- und Musiktherapeuten etc.) gestalten zusammen mit Beschäftigten der Gesundheits- und Krankenpflege, Sozialarbeit und engagierten Bürgerinnen und Bürgern den Alltag der Betroffenen. Tagesstätten haben sich zudem als besonders nützlich erwiesen, wenn Demenzkranke ältere Menschen von ihren berufstätigen Kindern versorgt werden und müssen daher flächendeckend angeboten werden.

Bundesweite Notrufnummer

Wir PIRATEN setzen uns dafür ein, dass in allen Notrufleitstellen psychiatrisch geschultes Personal eingesetzt wird. Für psychische Notfälle soll es eine leicht zu merkende kostenfreie Rufnummer geben, die Anrufer mit der Leitstelle verbindet. Des Weiteren soll psychiatrische Notfallhilfe per E-Mail und SMS ganztags erreichbar sein.

Arbeitsmarktforderungen in der Psyche

Fortbildung Interventionskräfte

Wir PIRATEN fordern, dass Ärzte in allen Fachbereichen, in denen sie mit Betroffenen mit psychiatrischen Diagnosen konfrontiert sind, vor allem aber in der Notfallmedizin, ausführliche und fortlaufende psychiatrische Weiterbildungen erhalten. Besonders wichtig ist auch eine fundierte Ausbildung und Training von Fähigkeiten in Krisenintervention und Deeskalation von Ärzten, Polizei und Rettungsdienstpersonal. Diesen Inhalten muss bereits frühzeitig, also noch während des Studiums oder der Ausbildung, mehr Bedeutung beigemessen werden.

Pflegepersonal in der Psychiatrie

Wir PIRATEN fordern eine deutliche Erhöhung des Personalschlüssels auf psychiatrischen Stationen. Des weiteren soll das Pflegepersonal auf psychiatrischen Stationen durch umfangreichere und praxisbezogene Weiterbildungsmaßnahmen besser im Umgang mit Patientinnen und Patienten mit psychischen Beeinträchtigungen geschult werden.

Rechte der psychiatrischen Patienten

Sonderregelung Arbeitszeiten

Wir PIRATEN fordern eine umfassende Novellierung und Ausarbeitung der Regelungen im bisherigen Behindertenrecht, die den Menschen mit chronischen somatischen und chronischen psychischen Beeinträchtigungen, die auf Grund ihrer Beeinträchtigung in ihrer Leistungsfähigkeit eingeschränkt sind, die Wahlmöglichkeit zu eröffnen, ein ihren Einschränkungen gerecht werdendes Arbeitszeitmodell auszuwählen. Es muss hierzu unter strengster Beachtung des Datenschutzes und Nutzung der Aufsichtsbehörden gewährleistet werden, dass die Annahme eines Arbeitszeitmodells diskriminierungsfrei und erfolgreich ermöglicht wird. Die Einbindung des Kostenträgers ist hierbei nicht erforderlich, ebenso soll auf ärztliche Gutachten verzichtet werden.

Persönliches Budget

Seit dem 1. Januar 2008 haben Menschen mit Anspruch auf Teilhabeleistungen einen Rechtsanspruch auf das Persönliche Budget. Wir PIRATEN unterstützen dieses Konzept als Teilschritt zur Verwirklichung der Inklusion von Menschen mit gesundheitlichen Erkrankungen. Antragstellungen sollen unabhängig vom Leistungsträger einfach und unbürokratisch ermöglicht werden. Des Weiteren fordern wir, dass Menschen mit Anspruch auf Teilhabeleistungen umfassend über diese Rechtsansprüche und das Beantragungsverfahren informiert werden.

Weniger bürokratische Hürden für Patienten

Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) kennt den Begriff der Einwilligungsunfähigkeit nicht. Sie geht in ihrem Artikel 12 davon aus, dass jeder Mensch über volle Rechts- und Handlungsfähigkeit verfügt und ggf. darin unterstützt werden muss. Wir PIRATEN fordern, dass Menschen mit Behinderungen Zugang zu der Unterstützung erhalten, die sie bei der Ausübung ihrer Rechts- und Handlungsfähigkeit ggf. benötigen. In der Fachwelt hat sich für diese Unterstützung der Begriff der unterstützten Entscheidungsfindung (supported decision-making) durchgesetzt. Damit soll die stellvertretende, genauer: die ersetzende Entscheidung, durch die rechtliche Betreuung verringert oder vermieden werden. Sozialpädagoginnen und -pädagogen sollen hier eine auskömmliche Abrechnung als geeignete Stelle über den überörtlichen Sozialhilfeträger erhalten. Die geeigneten Stellen sollen im SGB XII verankert werden.

Weiterentwicklung von Betreuung

Das derzeitige deutsche Betreuungskonzept war bei Einführung ein Bruch mit der Entmündigung. Es ist aber weiter orientiert an den Defiziten von Menschen. Bei Veränderungen am Betreuungsgesetz ist vor allem auf die Betreuungsleistung zu achten als das entscheidende Glied bei der Unterstützung und Vertretung von Menschen. Die Fragen der Qualität der Arbeit und der Kompetenzverteilung im Betreuungswesen stehen dabei im Mittelpunkt. Sollte in Zukunft über eine Reform des Betreuungsrechts diskutiert werden, müssen diese Überlegungen zu inhaltlichen Weiterentwicklungen im Mittelpunkt stehen.