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Ein Beitrag von Lea Laux zum Thema Abtreibung und dem Paragraphen 219a

Mein Bauch gehört mir!

Bauch einer schlanken Frau in Unterwäsche

Wir schreiben das Jahr 2017. Als junge Frau bin ich wie selbstverständlich mit dem Gedanken aufgewachsen, dass mein Körper mir gehört und ich frei bin. Mein durchaus offenes, liberales und progressives Elternhaus hat mir schon früh mit auf den Weg gegeben, dass ich mein Leben und mich selbst so gestalten kann, wie ich möchte, insbesondere als Mensch weiblichen Geschlechts.

Und jetzt? Jetzt haben wir dank der Verurteilung nach §219a einer Ärztin zu einer Geldstrafe, die auf ihrer Webseite darüber informierte, dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführt, eine neue Diskussion über Abtreibungen und das Werbeverbot dazu. Eigentlich dachte ich, wir sind mittlerweile zu der gesellschaftlichen Erkenntnis gelangt, dass eine Frau selbst über ihren Körper entscheiden kann und zu einer Entscheidung auch eine fundierte Grundlage an Informationen gehört.

Natürlich, die Entwicklung der Paragraphen zum Schwangerschaftsabbruch ist definitiv eine lange und eine, die mit vielen Streitigkeiten zusammenhängt. Sie war ein Kompromiss und in einer Gesellschaft, die sich seitdem immer mehr öffnet und progressiver wird, ist es nur eine notwendige Konsequenz, eine neue Regelung zu finden.

Der Abbruch einer Schwangerschaft ist in Deutschland noch immer nicht legal, er ist in den meisten Fällen nur straffrei. Doch ist das heutzutage überhaupt noch angebracht? Wir haben mittlerweile die Ehe unabhängig vom Geschlecht der beiden Partner, Vergewaltigung innerhalb der Ehe ist inzwischen illegal und die allermeisten Menschen denken nicht im Traum daran, dass Frauen zur Ausübung eines Berufes vorher mal lieber die Erlaubnis ihres Ehemannes einholen sollten. All dies war nur schwer vorstellbar in einer Zeit, in der der Slogan „Mein Bauch gehört mir“ bekannt wurde.

Und inzwischen? Jetzt debattieren wir darüber, ob es Medizinern nicht doch lieber verboten bleiben sollte, neutrale Informationen zum Schwangerschaftsabbruch anzubieten. Einerseits bin ich froh, dass es einen gewissen gesellschaftlichen Aufschrei nach diesem Urteil gibt. Andererseits finde ich es schockierend, dass wir überhaupt aufschreien und uns darüber Gedanken machen müssen. Eigentlich sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, dass Ärzte neutral, auch auf ihrer Internetpräsenz, Informationen darüber geben können, ob sie diesen Eingriff anbieten oder nicht. Informationen dazu und wissenschaftliche Fakten sind in meinen Augen eine der wichtigsten Grundlagen, um als schwangere Person eine fundierte Entscheidung treffen zu können. Insofern ist es eine unverhältnismäßig große Einschränkung, diese Informationen in irgendeiner Art und Weise zu verwehren, denn es ist ein massiver Eingriff in die dem Schwangerschaftsabbruch zugrunde liegende Selbstbestimmung. Indem wir schwangeren Menschen diese Informationen vorenthalten, führen wir das ad absurdum, was die Frauenbewegung gefordert hat: das Recht, dass der Bauch und insbesondere der Körper einer Frau ihr selbst gehören und sonst niemandem.

Der ursprüngliche Sinn hinter diesem Paragraphen sollte eigentlich sein, dass Schwangerschaftsabbrüche nicht glorifiziert werden. Aber kann diese eine Prozedur wirklich glorifiziert werden? Vom durchaus erniedrigenden Ablauf eines Beratungsgesprächs über den noch immer verpönten Abbruch bis hin zu den potentiellen psychischen Folgen, die gerne einmal mit einem „Tja, wenn man auch abtreiben muss…“ kommentiert statt ernst genommen zu werden – an dieser Prozedur, die abtreibungswillige Schwangere durchlaufen müssen, ist nichts, was auch nur ansatzweise glorifiziert werden könnte. Abbrüche gelten noch immer als Tabuthema, welches – sobald es überhaupt einmal angesprochen wird – gerne mit einem gewissen negativen Unterton behandelt wird. Da werden wohl die wenigsten Menschen die Person, die dies durchgestanden hat, mit bewunderndem Neid anblicken.

Das können wir nur ändern, indem auch Ärzte Informationen über Schwangerschaftsbrüche bereitstellen dürfen. Wissenschaftlich fundierte Fakten, Grundlagen über die Abläufe, mögliche Folgen und Konsequenzen für sämtliche Fälle – all dies möchte jemand, der schwanger ist, vielleicht schon ohne ein Beratungsgespräch, das oftmals wie eine Pflichtveranstaltung wirkt, in Erfahrung bringen – und zwar nicht nur auf sich allein gestellt vor der Suchmaschine seines Vertrauens. Vorbereitet und informiert in ein solches Gespräch zu gehen und auf dieser Grundlage wirklich über die eigene Zukunft zu entscheiden, kann eine fördernde Maßnahme für die Selbstbestimmung sein – sei es nun mit oder ohne Abbruch.

Wenn wir gerade dabei sind: warum diskutieren wir eigentlich nicht über Sinnhaftigkeit eines solchen Beratungsgesprächs? Beibehaltung, Abschaffung, eine Zwischenlösung, eine größere Auswahl an Stellen, die solch ein Gespräch anbieten? Eine stärkere Konzentration auf die ärztliche Aufklärung? Denken wir mehr in Richtung Selbstbestimmung. Selbstbestimmung kann nur dann wirklich existieren, wenn ein Schwangerschaftsabbruch nicht nur straffrei, sondern auch wirklich legal und damit entkriminalisiert ist.

Es ist dringend Zeit für Änderungen und das Recht auf Information auch durch Ärzte und Selbstbestimmung.

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