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Eine Kolumne von Ullrich Slusarczyk von der Flaschenpost

Gesundheit, ein wertvolles Gut.

Gesundheit, ein wertvolles Gut.
Bullauge
Bullauge

Spätestens seit Corona ist vielen Menschen klar geworden, wie wichtig und wertvoll die persönliche Gesundheit ist. Man sollte annehmen, dass dies auch in der Politik so ist, aber leider ist da kaum bis nichts von zu erkennen. So sieht der neue Haushalt 2024 alleine im Gesundheitsbereich Einsparungen in Höhe von 8 Milliarden Euro vor.

Und dann sind da noch die Verhandlungen zwischen den Ärzten und den gesetzlichen Krankenkassen. Die KBV (Kassenärztliche Bundesvereinigung / https://www.kbv.de/html/index.php) und die GKV Spitzenverband (https://www.gkv-spitzenverband.de/gkv_spitzenverband/der_verband/wir_ueber_uns.jsp) haben verhandelt. Herausgekommen ist mittels des erweiterten Bewertungsausschusses (https://institut-ba.de/ba.html) eine von beiden Seiten akzeptierte Erhöhung für die niedergelassenen Ärzte von 3,85 %.

Ich bin kein Wirtschaftsfachmann, aber 3,85 % ist deutlich unter der Inflationsrate (6,1 % August 2023).

Und so fallen die Reaktionen auch ziemlich deutlich aus.

https://twitter.com/virchowbund/status/1701573623579087276

55 % aller Praxisärzte bewerten ihre wirtschaftliche Situation aktuell als schlecht oder sehr schlecht! Das ist ein heftiger Wert!

Und damit nicht genug: https://www.kvno.de/aktuelles/aktuelles-detail/nachricht/kvno-vorstand-warnt-vor-praxenkollaps Alleine in Nordrhein seien Honorare von rund 347 Millionen Euro für die Haus- und Fachärztinnen und -ärzte zwischen Frühjahr 2022 und 2023 nicht ausgezahlt worden.

Dazu kommen sogenannte Regressforderungen.

https://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/detail/politik/impfstoffe-kassen-nehmen-aerzte-in-regress/

Und das ist nur ein Beispiel.

Ärztemangel

Man muss sich über ein paar Dinge im Klaren sein. Mit der Versicherungskarte kann ich jederzeit zu einem Arzt oder in ein Krankenhaus gehen und es entstehen für mich keine Kosten.

Aber, Arztpraxen werden immer weniger. Und die wenigen, die es noch gibt, sind überlastet. 99.658 Arztpraxen gibt es in Deutschland (https://www.kbv.de/html/zahlen.php)
Die Zahl sinkt seit Jahren kontinuierlich. Und sie wird schon aus Altersgründen noch weiter sinken.

Was sehr gefährlich ist, denn niedergelassene Ärzte sind ja nicht nur Ärzte. Sie sind selbstständige Unternehmer mit Angestellten. Sie sind für jede Menge Jobs verantwortlich. Aber sie sterben im wahrsten Sinne des Wortes aus.

https://www.versicherungsbote.de/id/4906881/Umfrage-zeigt-drastischen-Arztemangel/
https://www.coliquio.de/wissen/praxismanagement-100/zahl-praxisaerzte-100

Interessanterweise steigt dabei die Anzahl der Ärzte insgesamt an. https://www.coliquio.de/wissen/leben-als-arzt-100/aerztestatistik-2021-100

Der Trend geht hin zu angestellten Ärzten. Weg vom unternehmerischen Risiko und einer Wochenarbeitszeit von mehr als 50 Std.
https://idana.com/was-sind-die-arbeitszeiten-als-arzt/

Eine Entwicklung, die den Beruf nicht gerade attraktiv macht. Dazu kommt eine weitere folgenschwere Entwicklung, der vonseiten der Politik kaum oder gar nicht Einhalt geboten wird. Nämlich dem Spekulantentum durch Finanzinvestoren. Diese kaufen Arztpraxen in Deutschland auf.

https://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2022/Spekulanten-greifen-nach-Arztpraxen,arztpraxen112.html

Und dann sind da noch die Klinikgruppen.

Privatisierte Krankenhäuser

Viele ehemals kommunale Krankenhäuser wurden an sogenannte Klinikgruppen verkauft. Eine der größten ist dabei die Helios Kliniken mit 216 Krankenhäusern bei einem Gesamtumsatz von über 6 Milliarden €.

https://www.praktischarzt.de/magazin/ranking-groesste-klinikverbuende/

Dummerweise müssen diese privat geführten Krankenhäuser Gewinne erwirtschaften. Nun wissen wir alle, dass Gesundheit längst nicht überall so gewinnbringend ist. So sind z.B. Kinder ein absolutes Zuschussgeschäft. Und das hat verheerende Folgen!

https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/kinderkliniken-2021-betten-abgebaut-101.html
https://www.focus.de/gesundheit/arzt-klinik/das-raten-experten-kinderklinik-notlage-kam-mit-ansage-was-jetzt-passieren-muss_id_180457509.html
https://www.focus.de/gesundheit/news/versorgung-in-gefahr-grafiken-erklaeren-die-aktuelle-kinderklinik-katastrophe_id_180441067.html

Wann immer etwas vonseiten der Politik getan wird, dann ist es für die Konzerne von Vorteil. Für die Menschen eher weniger.

Gesundheit kostet Geld

Das ist nicht Neues. Mehr als eine Million Menschen sind in den USA an Corona gestorben. Das hatte Folgen.

https://www.trotec-blog.com/blog/trotec/new-york-alle-56-000-oeffentlichen-klassenraeume-werden-mit-mobilen-luftreinigern-ausgestattet/

In Deutschland hingegen diskutieren wir, ob Filter überhaupt nötig sind oder nicht doch Geldverschwendung.

https://en.rattibha.com/thread/1689321330879995911

Und auch das ist kein Einzelfall.

https://www.westfalen-blatt.de/owl/kreis-minden-luebbecke/luebbecke/grundschuleltern-emport-ueber-lubbecker-luftfilter-beschluss-2768794

So werden z.B. die Kosten für einen Test auf sogenannte Tumormarker nicht von der Krankenkasse bezahlt.

https://www.test.de/Frueherkennung-II-Krebs-Spreu-und-Weizen-1160575-1162192/

Das gilt auch für mich im Rahmen der Nachsorge.

Gesundheit nur für Privilegierte und Reiche?

Bürgergeldempfänger, auch chronisch Kranke, müssen z.B. Rezeptgebühren bezahlen. Oder das Geld wenn man stationär im Krankenhaus behandelt wird. 10 € pro Tag, maximal 28 Tage.

https://www.krankenkassen.de/gesetzliche-krankenkassen/leistungen-gesetzliche-krankenkassen/gesetzlich-vorgeschriebene-leistungen/zuzahlungen/

Das führt dazu, dass manche Menschen nicht in ein Krankenhaus gehen, obwohl sie es müssten.

Und auch ich habe mich in einem akuten Fall schon einmal gegen ein Krankenhaus entschieden. Glücklicherweise hatte ich recht, aber ich bin kein Arzt und es hätte sehr wohl auch anders kommen können.

Gesundheitsreform

Ich glaube, dass es dringend notwendig ist, eine Gesundheitsreform zu planen. Ich war bei Ärzten, bei denen die Patienten wie am Fließband abgearbeitet werden. Das fand ich schon immer gruselig. Und ganz ehrlich: Ein wenig tun mir die Ärzte da leid. Ein Arzt muss sich Zeit nehmen können für einen Patienten. Und wenn ich dann sehe, wie viel ein Arzt bezahlt bekommt für einen Patienten, dann kann ich nur sagen, das ist lächerlich!

Der Hausarzt erhält pro Patienten und Quartal einen Pauschalbetrag, unabhängig vom Umfang der Behandlung und von der Anzahl der Patientenbesuche. Es ist also zunächst unerheblich, ob der Patient nur einmal oder zehnmal kommt oder wie aufwändig und kostenintensiv die Untersuchungen oder Behandlungen sind. Für das laufende Quartal wird die Pauschale nur einmal ausbezahlt. Die Pauschale ist vom Alter des Patienten abhängig:

Vergütung Hausarzt nach Besuchspauschalen (GKV)

  • bis zum vollendeten 4. Lebensjahr: 24,00 Euro
  • bis 19. Lebensjahr: 15,50 Euro
  • bis 55. Lebensjahr: 15,80 Euro
  • bis 75. Lebensjahr: 24,10 Euro
  • ab 76. Lebensjahr: 30,70 EUR

Nur als Hinweis. Das gilt pro Quartal. Also für 3 Monate!

Wer mehr wissen will: https://www.praktischarzt.de/arzt/hausarzt-gehalt/

Fazit

Es wird Zeit, dass die Politik und damit auch die Piratenpartei sich Gedanken macht, wie man unser Gesundheitssystem reformiert. Wie die Macht z.B. der Krankenkassen beschnitten werden kann, aber auch die all der anderen tollen „Verbände“. Verwaltungsmoloche par excellence. In denen Ärzte sitzen, die, wie es mein Hausarzt formulierte, noch nie einen Patienten behandelt haben.

Krankheiten wie ME/CFS und Long Covid müssen erforscht werden. Dringend.

Hier gibt es viel zu tun.

Ullrich Slusarczyk