#Topthema Gesundheit Pflege

Eine Kolumne von Ullrich Slusarczyk

Streiken für die Gesundheit

Zwei Personen tragen ein Transparenz "Streik für bessere Arbeitsbedingungen", im Hintergrund ist die Silhouette einer beliebigen Stadt zu sehen

Seit dem 04. Mai wird an den Unikliniken in NRW gestreikt. Hören tut man davon aber nur wenig bis gar nichts. Stattdessen will die Politik Flughäfen und Fluggesellschaften unter die Arme greifen, damit der Deutsche in den Urlaub fliegen kann. Mehr als 2 Jahre Pandemie haben das Gesundheitssystem bis in seine Grundfesten erschüttert und ausgerechnet bei den Unikliniken, die sich in öffentlicher Hand befinden, gibt es keine Einigung in NRW. Dabei haben die Krankenhausbewegungen in Berlin und Thüringen das bereits geschafft. Was also unterscheidet NRW von Berlin und Thüringen?

Ein Grund dürfte sicher die schwarz-grüne Regierung sein, während sie in Thüringen und Berlin rot-rot-grün ist. Es ist erschreckend, mit anzusehen, wie unser Gesundheitssystem zum Spielball kapitalistischer Denkweisen wird. Selbst im Mutterland des Kapitalismus, den USA, arbeitet mehr Pflegepersonal auf einer Station als in Deutschland. Wir schreiben unseren LKW-Fahrern eine Ruhezeit von mindestens 11 Stunden innerhalb von 24 Stunden vor. Grund ist die sonst exorbitant ansteigende Unfallgefahr, bei der Menschen zu Schaden kommen können. Aber ausgerechnet im medizinischen Bereich, wo das Personal buchstäblich das Leben anderer in Ihren Händen hält, gelten solche Regeln nicht. Da wundert es nicht, wenn das Personal scharenweise kündigt und zig Stationen, ja ganze Krankenhäuser hoffnungslos unterbesetzt sind. Schlimm ist das auch noch aus einem anderen Grund. Wer in einen medizinischen Beruf geht, hat meistens das im Volksmund sogenannte Helfersyndrom. Das hat aber nicht jeder. Solche Menschen sind rar. Ich könnte rein technisch gesehen Arzt oder Pfleger sein. Aber ich bin dafür völlig ungeeignet. Ich könnte weder mit dem Leid, noch den Schmerzen oder dem Blut umgehen.

Und Menschen, die das können, ja sogar wollen, die schlagen wir bewusst und absichtlich vor den Kopf. Seit jetzt mehr als 2 Jahren. Landesregierungen, aber auch die Bundesregierung, sie alle tun nichts, um für eine Verbesserung zu sorgen. Die Piratenpartei fordert seit Jahren die Rekommunalisierung von Krankenhäusern. Gesundheit ist ein Geschäft, aber nicht für Konzerne. Gesunde Bürger sind zufrieden, kosten den Staat viel weniger Geld, konsumieren mehr. Aber soweit zu denken, das ist schlicht unmöglich, wie es scheint, für einige Politiker. Unser Gesundheitswesen bedarf dringend der Reform. Und vielleicht sind ja die regierenden Parteien dafür ungeeignet. Die Beschreibungen, was in Krankenhäusern so alles los ist, sind schockierend. Patienten, die stundenlang auf dem Gang liegen und vieles mehr. Und wenn dann noch Menschen wie ein Klaus Stöhr in den Corona-Expertenrat berufen wird, und da dann völlig abstruse Dinge verlautbaren lässt [1], muss man sich nicht wundern, wenn die Menschen kein Bedürfnis mehr haben zu diskutieren, sondern einfach die Konsequenzen ziehen und kündigen. Auch eine FDP-Bildungsministerin Stark-Watzinger verkündet Dinge [2], die längst als falsch erkannt worden sind. Redet von Vereinsamung, Lernrückständen und psychischen Auffälligkeiten. Dabei ist schon längst klar, dass z.B. ein hybrider Unterricht sogar positive Folgen hat. Stattdessen fällt so viel Unterricht wie noch nie aus, weil einfach so viel Lehrpersonal wie noch nie krank ist. So sorgen wir auf der einen Seite für so viel Kranke wie nie und auf der anderen Seite für sowenig Personal wie noch nie. Überziehen niedergelassene Ärzte mit Regressklagen, werfen ihnen aber gleichzeitig Golf spielen vor. Schaffen es aber nicht, Ihnen ein nicht abstürzendes Gesundheitskartenlesegerät zur Verfügung zu stellen. Und dann sind da ja noch die Medien. Allen voran die öffentlich Rechtlichen. Sie, die sie überhaupt keinen wirtschaftlichen Zwängen unterliegen, müsste eigentlich jeden Tag darüber berichten. So wichtig ist das Thema. Tun Sie aber nicht. Ich kann nur mutmaßen, warum nicht. Vielleicht ist es politische Einflussnahme, vielleicht mangelnder Mut der Verantwortlichen, ich weiß es nicht. Dass alle anderen Medien davon nur wenig bis gar nicht berichten, kann ich verstehen. Sowas bringt nur einmal als Schlagzeile Geld. Und Geld ist für sie das Wichtigste. Milliardenschwere Krankenhauskonzerne schalten sicher Werbeanzeigen in Milliardenhöhe in einem Jahr. Mit so einer Klientel verscherzt man es sich besser nicht.

Und so stehen sie dann beinah unbeachtet von der Öffentlichkeit und kämpfen für bessere Arbeitsbedingungen, die gleichzeitig auch den Patienten zugutekommen.

Ullrich Slusarczyk

[1] https://www.merkur.de/deutschland/klaus-stoehr-virologe-corona-christian-drosten-virologe-omikron-subtyp-ba2-news-aktuell-91277650.html

[2] https://www.spiegel.de/panorama/bildung/bildungsministerin-bettina-stark-watzinger-schulschliessungen-waren-ein-fehler-a-92346a13-4507-4ecc-aadf-a6bef0389b42

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