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Zum Welt-Aids-Tag am 1. Dezember: Ungleichheiten beenden!

Zum Welt-Aids-Tag am 1. Dezember: Ungleichheiten beenden!

„Seit mehr als 30 Jahren findet jedes Jahr am 1. Dezember der Welt-AIDS-Tag statt. Er bekräftigt die Rechte der HIV-positiven Menschen weltweit und ruft zu einem Miteinander ohne Vorurteile und Ausgrenzung auf. Außerdem erinnert der Welt-Aids-Tag an die Menschen, die an den Folgen von HIV und AIDS verstorben sind.“ [1]

Ein Gastbeitrag von Sandra Leurs, Listenkandidatin zur Landtagswahl 2022 und Themenbeauftragte für Gesundheit und Pflege der Piratenpartei

Im Jahr 1981 berichteten amerikanische Ärzte von einer neuen Krankheit bei fünf Männern in kalifornischen Krankenhäusern. Das HIV-Virus war entdeckt. Ein Jahr später wurde über die ersten Fälle in Deutschland berichtet. Die Krankheit bekam den Namen AIDS (Acquired Immune Deficiency Syndrome/erworbene Immunschwäche)

Ich war damals 20 Jahre alt. Aufgewachsen in den 60-er- und 70-er-Jahren, freie Liebe, die Pille und eine wilde Generation.
In erster Linie wird AIDS beim Geschlechtsverkehr und auf intravenösem Weg durch kontaminierte Spritzen übertragen. Durch die schnelle Ausbreitung des Virus‘ in der Schwulen-Szene waren die frühen 80-er Jahre geprägt von diffusen Ängsten gegenüber homosexuellen Männern, obwohl auch da schon längst heterosexuelle Menschen sowie Menschen, die unter einer Bluterkrankung litten, betroffen waren.

Die Zahlen stiegen stetig. Es folgte eine Flut von Informationen, die auch nicht immer der Wahrheit entsprachen, sondern sorgfältig geprüft werden mussten.

Auf noch wissenschaftlich wackeligen Beinen musste die Politik Entscheidungen darüber treffen, wie die Bevölkerung vor der Infektionserkrankung zu schützen ist. Die Vorschläge waren aus heutiger Sicht teils menschenverachtend. So dachte man darüber nach, Erkrankte in Heimen unterzubringen und bei Verdacht auf Erkrankung gegebenenfalls auch zwangsweise zu testen. In Bayern wollte man die sogenannten Schwulenclubs schließen.

Am 17. Februar 1987 hatte Rita Süssmuth als damalige Gesundheitsministerin in der schwarz-gelben Koalition ein durchdachtes Konzept erarbeitet, auch gegen den Widerstand von Helmut Kohl. Peter Gauweiler von der CSU wollte Zwangstests und die Kenntlichmachung von AIDS-Erkrankten, die im Zweifelsfall gar „weggesperrt“ werden sollten. [2]

Das war damals schon eine Vorgehensweise, die Rita Süssmuth ablehnte.
Zwei Dinge erzählt Rita Süssmuth:

  1. Dass man sich manchmal wie ein Maulwurf unter der Erde verkriechen muss, bis der Sturm vorüber ist, um dann wieder aufzutauchen.
  2. Und dass Erkenntnisse – „so wichtig sie sind“ – alleine nichts bringen. Man muss die Menschen gewinnen.
    All das hat sie letzten Endes mit ihrem Team und vielen Unterstützer:innen geschafft: Die Politikerin steht bis heute für eine menschenwürdige AIDS-Politik in Deutschland. Rita Süssmuth setzte vor allem auf Aufklärung darüber, wie sich der Mensch vor dem HI-Virus schützen konnte, unter anderem durch das Reduzieren der Sexualkontakte – und wenn sexuelle Kontakte, dann nur mit Präservativ (Kondom).

Dennoch ist es bis heute so, dass sich viele Menschen bei sexuellen Kontakten nicht schützen, und so stecken sich auch immer noch Menschen weltweit mit dem HI-Virus an.

Die Suche nach einem HIV-Impfstoff begann bereits kurz nach der Entdeckung des Virus‘ im Jahr 1981, blieb aber bisher erfolglos. Die Impfstoffe scheiterten bisher alle an den klinischen Studien. Das HI-Virus verfügt über viele Eigenschaften, da die Biologie des Virus komplex und trickreich ist. Die schnelle Mutation des Virus‘ erschwert die Impfstoffentwicklung erheblich.

AIDS ist nicht heilbar, aber viele an AIDS Erkrankte leben heute länger als damals.
Heute werden Medikamentencocktails verschrieben und verabreicht, die es ermöglichen, mit der Krankheit alt zu werden. Aber nicht alle Menschen haben Zugang zu den Medikamenten. Der diesjährige Welt-AIDS-Tag steht deshalb unter dem Motto Ungleichheiten beenden. AIDS beenden. Pandemien beenden. Denn es ist längst möglich, die AIDS-Epidemie zu beenden und Gesundheitschancen gerechter zu verteilen – es hängt vom politischen Willen ab,“ so schreibt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).

Quellen:
[1] 01.12. Welt-AIDS-Tag https://www.welt-aids-tag.de/welt-aids-tag/
[2] RKI – AIDS – die politische Dimension in den 1980er Jahren https://www.rki.de/DE/Content/Institut/Geschichte/Bildband_Salon/1981-1990.html