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Fachkräftemangel in der Pflege: Quo vadis?

Rückwärtige Ansicht auf eine Frau, die einen Rollstuhl mit einer hochaltrigen Dame schiebt

Der Fachkräftemangel in der Pflege ist bereits seit Jahren in aller Munde. Viele Lösungen wurden von der Politik versprochen, aber bisher wurden hauptsächlich nur Anwerbeabkommen mit südosteuropäischen Ländern, sowie den Philippinen geschlossen. Während diese Entwicklung an sich als löblicher erster Schritt gelten darf, um den eklatanten Mangel an Pflegekräften in Deutschland zu verringern, offenbart eine neue, von der Hans Böckler Stiftung geförderte Studie, gravierende Schwächen der gegenwärtigen Strategie.

Anscheinend geht aktuell auch Gesundheitsminister Jens Spahn davon aus, dass sich die angeworbenen Pflegekräfte nach ihrer Ankunft nahtlos und von selbst in den deutschen Arbeitsalltag integrieren würden. Allein die Tatsache, dass der Pflegeberuf in vielen Ländern der Welt ein Hochschulstudium voraussetzt, sollte eigentlich wesentliche Differenzen in Ausbildungsweise und Inhalten verdeutlichen. Pflegekräfte im Ausland übernehmen oft mehr medizinische Aufgaben und üben weniger „Grundpflege“ aus, wie etwa die Unterstützung der Patienten beim Waschen und Essen.

Diese unterschiedlichen Perspektiven des Arbeitsalltags, mangelnde Sprachkenntnisse, die chronische Unterbesetzung und zunehmende Arbeitsverdichtung der deutschen Einrichtungen stellen eine unheilvolle Mischung dar. Jahrzehnte verfehlter Pflegepolitik auf diese Weise korrigieren zu wollen, wird nicht funktionieren. Zum einen wird die Pflegepolitik seit Jahren derart „rationalisiert“, dass die Pflegekräfte sowohl in ihrer Bezahlung als auch in ihrer verfügbaren Zeit für ihre Patienten an der untersten Grenze des Möglichen arbeiten, obwohl ihr Beruf sehr hohes Ansehen in der Bevölkerung genießt. Zum anderen geht die deutsche Integrationspolitik seit Jahren davon aus, dass Integration von selbst geschieht und keine umfänglichen Kurse erfordert. Der äußerst durchgetaktete und damit stressvolle Arbeitsalltag der Pflege lässt jedoch keine Zeit, den ausländischen Pflegekräften die deutsche Arbeitsweise in Ruhe zu erklären. Missverständnisse und Frustration sind auf beiden Seiten vorprogrammiert. Am meisten leiden die Schwächsten, nämlich die Patienten, darunter.

Für uns Piraten steht der Mensch im Mittelpunkt und nicht der Profit. Wir fordern deswegen zuallererst eine angemessene Bezahlung aller Pflegekräfte, sowie ein Ende der unwürdigen, chronischen Unterbesetzung in den meisten Einrichtungen. Es scheint, als ob die aktuelle Strategie der Einrichtungen darauf abzielt, ihre zum Teil menschenunwürdige Profitmaximierung durch das Anheuern billiger Arbeitskräfte aus dem Ausland weiterzuführen. Angesagt wäre vielmehr die Änderung der Rahmenbedingungen, die zum derzeitigen, beklagenswerten Zustand der Pflege in Deutschland geführt haben. Nebst allgemein besseren Arbeitsbedingungen wäre u.a. eine Neustrukturierung der Aufgabenteilung ratsam, so dass die höherqualifizierten Pflegekräfte aus dem Ausland ihre medizinischen und die deutschen Pflegekräfte ihre sozialen Fertigkeiten fokussierter ausüben können, statt durch starre Strukturen unnötige und frustrierende Nivellierung zu betreiben. Ohne ein rasches, kluges und strukturiertes Handeln steuern wir angesichts der demographischen Veränderungen und der nach wie vor verfehlten Politik auf eine wirkliche Katastrophe im Bereich der Pflege zu.

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