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Machtmissbrauch im beruflichen Rehabilitationssystems beseitigen

Berlin, 15. Mai 2024 – Die AG Inklusion der Piratenpartei Deutschland fordert eine umfassende Reform des beruflichen Rehabilitationssystems in Deutschland. Ziel ist es, Machtmissbrauch durch Kostenträger zu beenden und die Rechte der Rehabilitanden zu stärken.

Das Problem im bestehenden System

Das deutsche Rehabilitationssystem für die berufliche Wiedereingliederung bietet theoretisch eine solide Struktur, unterstützt durch das Sozialgesetzbuch (SGB IX). Es beinhaltet zahlreiche Assessments, Qualifizierungsprogramme und finanzielle Leistungen für Rehabilitanden. Trotzdem bestehen erhebliche praktische Probleme: Entscheidungsträger und Kostenträger sind nicht getrennt. Dies führt zu einem hohen Risiko für Machtmissbrauch, da Kostenträger die Kontrolle über wesentliche Aspekte der Rehabilitation haben, darunter Beratung, Maßnahmen und finanzielle Leistungen.[1]

Die Existenz einer Ergänzenden Unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB) hilft zwar, ist aber nicht flächendeckend bekannt, häufig nicht barrierefrei und manchmal sogar mangelhaft qualifiziert besetzt.

Forderungen der AG Inklusion

„Es ist inakzeptabel, dass Menschen in der beruflichen Rehabilitation systematisch benachteiligt werden. Die individuellen Bedürfnisse und Menschenrechte der Rehabilitanden müssen an erster Stelle stehen“, erklärt Antonia-M. Hörster, Themenbeauftragte der AG Inklusion der Piratenpartei Deutschland. „Wir fordern eine unabhängige Aufsichtsbehörde, die effektiv und transparent arbeitet.“

Ein wesentliches Problem ist die Abhängigkeit der Rehabilitanden vom „Wohlwollen“ der Rehakostenträger, die maßgeblich über die Einhaltung von Gesetzen und die Bereitstellung von Maßnahmen entscheiden. Diese Abhängigkeit und die verbundenen Interessenkonflikte führen oft zu einer mangelhaften Bedarfsermittlung und einer Missachtung der individuellen Bedürfnisse der Rehabilitanden.

Mangelnde Berücksichtigung der UN-Behindertenrechtskonvention

Obwohl die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) rechtsverbindlich ist, wird sie in der Praxis oft nicht berücksichtigt. Rehabilitanden müssen eine positive Prognose für ihre berufliche Zukunft nachweisen, wobei eigene Gutachten teuer und oft skeptisch betrachtet werden. Zudem haben Rehakostenträger die Macht, Maßnahmen und finanzielle Unterstützung zu verweigern, wenn Rehabilitanden ihrer „Mitwirkungspflicht“ nicht nachkommen, selbst wenn ihre Gesundheit gefährdet ist.

Dringende Reformmaßnahmen

Die AG Inklusion der Piratenpartei Deutschland setzt sich für folgende Maßnahmen ein:

  1. Einführung einer unabhängigen Aufsichtsbehörde:
    Diese Behörde soll die Einhaltung der Menschenrechte und rechtlichen Vorgaben überwachen und sicherstellen.
  2. Umfassende Schulungen für Fachpersonal:
    Rehaberater, Behandler und Sozialarbeiter sollen in der menschenrechtskonformen Anwendung des Sozialrechts geschult werden. Dazu gehört auch die Aufklärung über Rechte und Beschwerdemöglichkeiten der Rehabilitanden.
  3. Transparente und effektive Beschwerdeverfahren:
    Rehabilitanden müssen Zugang zu unabhängigen Beratungsdiensten und die Möglichkeit haben, externe Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Rechtsverstöße und Machtmissbrauch müssen konsequent geahndet werden.

Fazit: Eine personenzentrierte Herangehensweise ist unerlässlich

Um den Schutz vor Machtmissbrauch nachhaltig zu gewährleisten, muss der Staat Strukturen und Prozesse schaffen, die jeglichen Zwang verhindern. Eine personenzentrierte Herangehensweise, die die individuellen Bedürfnisse und Menschenrechte der Rehabilitanden in den Mittelpunkt stellt, ist unerlässlich. Der Zugang zu Beschwerde- und Rechtsmitteln muss sichergestellt sein, und es bedarf klarer Sanktionen und Entschädigungen bei Missachtung dieser Rechte.

Die AG Inklusion der Piratenpartei Deutschland sieht dringenden Handlungsbedarf, um die Missstände im System der beruflichen Rehabilitation zu beseitigen und die Rechte der Rehabilitanden zu stärken. Mit der Einführung unabhängiger Aufsichtsbehörden, umfassender Schulungen des Fachpersonals und der Etablierung transparenter Beschwerdeverfahren können entscheidende Schritte in Richtung einer gerechteren und menschenwürdigeren beruflichen Rehabilitation gemacht werden.

Quellen:
[1]  Bundesministerium für Arbeit und Soziales – Forschungsbericht-f393